Montag, 10. September 2012

Holunder tut Wunder

"Vor dem Holunder zieh den Hut herunter" wussten schon unsere Vorfahren. Diesem Baum, der sich immer dort ansiedelte, wo Menschen zu Hause waren, gebührte Hochachtung. "Holun Tar", was mit schwarzer Baum übersetzt wird, war den Menschen vertraut und heilig. In seinen Zweigen verehrte man Frau Holle, welche als Haus-und Schutzgöttin jeden Abend durchs Fenster schaute, um nach dem Rechten zu sehen. Sie sollte das Haus und dessen Bewohner vor Feuer, Seuchen und jeglichem Unheil schützen. So banden die Menschen eitrige Lappen von Wunden die nicht heilen wollten an die Äste des Holunders und sprachen die Worte : Lieber Flieder, ich bring dir mein Fieber, nun geh ich in Gottes Namen davon". Die Göttin Freya selbst lasse diesen Baum am perfekten Standort wachsen und so solle man ihn auch nicht pflanzen noch schneiden oder sogar fällen : "willst du aus dem Leben scheiden, sollst du den Holunder schneiden".

 Überhaupt glaubte man, dass dieser Baum, dessen Blüten sich weit zum Himmel öffnen und den Frühsommer einläuten,das Tor zur Unterwelt sei : Wer um Mittsommernacht unter seinen Zweigen schlafe, könne den König der Elfen mit seinem Gefolge vorbeiziehen sehen. Starb ein Mensch, so nahm der Schreiner mit einer Elle aus Holunderholz Maß und der Kutscher trieb die Pferde des Leichenwagens mit einer Peitsche aus Holunderholz an. Totenwache wurde 3 Tage und 3 Nächte bei einer Tasse Holunderblütentee gehalten und wenn man dem Toten einen Holunderzweig aufs Grab stecke und dieser ausschlage, so sei ihm ein seliges Jenseits beschieden. Verdorrte ein Zweig am Baum, so ging ein Menschenleben zu Ende und wollte man mit seinen Ahnen kommunizieren, so ging man zum hofeigenen Holunderbusch.
hier suchte sich "mein Holunderbaum" seinen Standort, neben einem Gartenhäuschen, im Schatten eines Birnbaums

Wiegen durften niemals aus Holunderholz gefertigt werden, da sonst die Wesen aus der Anderswelt kämen, um die Kinder zu holen. In Dänemark wird er allerdings noch heute als Geburtsbaum verehrt : schwangere Frauen berühren seine Zweige und versichern sich damit der Nähe und Güte Frau Holles und der Ahnen. Das 1.Badewasser des Säuglings kippte man unter den Holunderbusch, damit die Kinder gesund blieben und gut gediehen.

Gerühmt und verehrt wurde er aufgrund seiner heilenden Eigenschaften :

"Rinde, Beere, Blatt und Blüte,
alles ist voll Kraft und Güte,
alles segensvoll".

die Rinde eines alten Holunderbaumes, knorrig und rauh



die noch weiche, grüne Rinde des jungen Triebes

Die Blüten wirken schweißtreibend, verbessern die Bronchialsekretion und helfen bei Erkältungen mit starker Verschleimung, Husten und Fieber. Ausserdem wird ein kalter Tee bei Sonnenbrand, als Augenkompresse für strapazierte Augen und als Gesichtswasser für die zarte Haut um die Augen angewandt.
hier zu einer wohltuenden, glättende Gesichtscreme verarbeitet

Seine Beeren, die nur gekocht verzehrt werden dürfen, enthalten wertvolle Vitamine A, B und C, sowie sogenannte Anthocyane, welche vor freien Radikalen schützen. Diese Inhaltsstoffe unterstützen die Abwehrkräfte, reinigen den Magen und wirken abführend und harntreibend. In früheren Zeit fanden auch Rinde und Blätter Verwendung: je nachdem, was man erreichen wollte, wurde die Rinde entweder von unten nach oben abgezogen, was zum Erbrechen führte oder von oben nach unten, was zu Durchfall führte.

Auf der feinstofflichen Ebene gilt Holunder als guter Begleiter in schwierigen Übergangszeiten : er hüllt ein in vertrauensvollen Schutz, gibt Wärme und Geborgenheit, kann unser Herz öffnen und Stimmungen anheben wenn wir unsere Leichtigkeit verloren haben und unterstützt Reifungsprozesse.

Bei so viel Heilkraft wundert es nicht, dass der "Hausapotheke des armen Mannes" zu allen Zeiten und von vielen Völkern Dank und Ehrerbietung zuteil wurde: die Schweden brachten ihm Milch dar, die Schotten stellten Kuchen und Milch in seinen Schatten und die Preußen beschenkten ihn mit Brot und Bier.

und last, but not least dient er uns/mir als kulinarische Köstlichkeit :
in flüssiger Form als Balsamico Essig (köstlich) oder als Beerensirup bei Erkältung und Fieber


oder in fester Form als Gelee mit selbstgepresstem Apfelsaft und Ingwer, als Chutney oder als "Herbstmarmelade" mit Birnen und Zwetchgen und Zimt



 oder die getrockneten Blüten im selbst gepressten Apfelsaft (siehe Fallobst) zu einem herrlichen "Schneegestöbergelee" verarbeitet :
getrocknete Holunderblüten in Apfelsaft
auch ich schließe mich dem Dank an diesen wundervollen Baum an und wünsche Euch viel Freude beim Nachmachen und Ausprobieren der Rezepte (die ich Euch bei Wunsch gerne nachreichen werde).

Genießt diesen herrlichen Altweibersommer 2012

Eure Gesa


7 Kommentare:

  1. Wow... so viele schöne Infos!
    Toll... Danke!!!
    GLG, MamaMia

    AntwortenLöschen
  2. Ja ein Wahnsinn ... wie geht denn der Balsamico u. das Chutney ???


    LG Kerstin

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Kerstin,

    das verrat ich dir im nächsten Post, hab noch etwas Geduld........muss noch Fotos schießen.......
    GLG Gesa

    AntwortenLöschen
  4. Schon wieder läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Warum lassen mich so viele Kochblogs kalt im Gegensatz zu deinen Rezepten und Bildern?
    Holunder macht mich übrigens sehr sehr abergläubisch und ehrfurchtsvoll. Am unteren Ende unseres sehr steilen Waldgartens standen einmal 7 Holunderbüsche. Sie waren nicht ausladend breit, aber es waren sieben, die von links nach rechts wie ein Schutzwall das Grundstück begrenzten. Der Schatten der Bäume über ihnen ließ sie dahinkümmern, nun sind's nur noch zwei, die ich sehr hege. Ich habe das Gefühl, sie müssen überleben. Es ist ein sehr komisches Gefühl.

    Vor kurzem erfuhr ich von einer Bäuerin, dass Holunderblüten im Haus alle Mücken und Fliegen verjage. Hast du davon auch schon gehört? Mir war das neu, aber es klingt interessant.

    Lieber Gruß
    Sally

    AntwortenLöschen
  5. Liebe Sally,

    das mag vermutlich daran liegen, dass ich mich garnicht als "Kochblog" verstehe, sondern eher als "Tagebuch" um nächstes Jahr nachzuschauen, wann der Holunder reif war und was ich daraus "gezaubert" habe ;-))))

    und daran, dass du genauso von den "grünen Freunden" infiziert bist wie ich :DDDD

    verständlich, dass du um die Holunderbäume bangst : wenn in ihnen der Schutzgeist des Hauses wohnt !!!!!! Aber sei versichert, dann werden sie auch bleiben oder es wird ein neuer an anderer Stelle kommen. Egal, wo ich bisher gewohnt habe (Voraussetzung war, dass ein Stück Land drumrum war und sei es noch so klein) kam immer ! ein Holunderbäumchen zu mir.

    und nein, davon, dass Mücken davon verjagt werden, hab ich noch nie gehört, müssen wir bei der nächsten Blüte mal ausprobieren. Wäre ein Eintrag in den Blog wert, damit wir nächstes Jahr noch dran denken ;DDD

    Ich wünsch dir viel Freude bei allem Thun und Werken (mittelalterlicher Ausspruch)

    Lieben Gruß Gesa

    AntwortenLöschen
  6. Ein toller Post über den Holunder. Dieses Jahr gibt es bei uns nur Saft, denn ich habe vom letzten Jahr noch so viel Gelée... Holunder mit Birne. Oder ich mache doch wieder eine Heckenfruchtmarmelade und werfe ihn da dazu... :-)

    Herzlich, Katja

    AntwortenLöschen